Mein kleines Highlight im Hoeneß-Prozess-Wahnsinn: Ein Dankesbrief an ein Eiscafé

Die folgende kleine Geschichte spielt sich abseits jeglicher kulinarischer Bezüge ab – und doch ist das hier der richtige Ort um sie zu erzählen. Heute will ich mich bei einem kleinen, unscheinbaren Café am Münchner Karlsplatz bedanken. Aber nicht weil ich dort besonders leckeren Kuchen gegessen habe, nicht weil mich das Aroma des Kaffees so nachhaltig beeindruckt hat – nein: Zwar waren auch Kuchen und Kaffeé sehr fein, aber in meiner kleinen Geschichte, die mich mit diesem Café verbindet, spielen die Menschen, die dort täglich arbeiten, die Hauptrolle. Ich spüre das dringende Bedürfnis mich auf diesem Weg bei ihnen zu bedanken. Von David Seitz

Um mein Bedürfinis nachvollziehbar machen zu können, muss ich ganz von vorne beginnen: Zwischen dem 10. und 14. wurde die Causa Hoeneß vor dem Münchener Landgericht verhandelt. Weil ich im echten Leben als Videojournalist arbeite, verbrachte ich die letzten zwei Prozesstage in der Prielmayerstraße vor dem Justizgebäude – lauernd auf Stimmen von aufgebrachten Fans und Hoeneß-Kritikern, immer in Erwartung einer entscheidenden Wendung in Prozess. Meine größte Herausforderung bestand jedoch darin, das gedrehte Videomaterial möglichst zeitnah zu bearbeiten und online zu stellen. Die Vorzüge eines Online-Mediums und die Schnelligkeit eines Videojournalisten sollten möglichst effektiv ausgeschöpft werden – so die Ansage meiner Redaktion. Mir trieb das in diesem Moment den Schweiß auf die Stirn. Ein flotter Workflow war für mich zunächst absolut nicht vorstellbar buy inflatable giant waterslide.

Mein Equipment an diesen Tagen – die volle VJ-Ausrüstung: Ein schweres Stativ, eine große Kamera, Mikros, Kopfhörer, Notebook und WLAN Hotspot. Nun boten sich mir zwei Möglichkeiten: Entweder ich schleppe permanent alles mit mir mit und laufe Gefahr gegen 13 Uhr dem körperlichen Burnout gefährlich nahe zu kommen ODER: Ich suche mir einen Arbeitsplatz, an dem ich die Technik deponieren kann, an dem ich schneiden kann und ab und zu eine Pause einlegen kann. Ich machte mich also auf die Suche und wurde schnell fündig.

Direkt gegenüber vom Justizgebäude, keine 30 Meter entfernt, öffnete gerade das Eiscafé „Venezia“. Ich war schon oft mit der Tram daran vorbeigefahren, aber die graue Fassade und die Lage zwischen Tramschienen, Karstadt und Fahrradabstellplatz  konnte mich bisher nie zu einem Besuch verlocken. In diesem Moment spielten solche Kriterien jedoch keine Rolle. Es war 9 Uhr, ich war vollgepackt wie ein Lastenesel und hatte bereits das erste Videomaterial gedreht. Jede Minute, die nun ungenutzt verstrich, war belastend für Rücken und Videojournalistenseele.

Ich schob mich also durch den schmalen Eingang und überfiel den ersten Kellner vor Ort mit meinem Anliegen, dabei holte ich weit aus: Wer ich bin, was ich hier mache, warum ich einen Platz zum arbeiten suche – all das wollte ich erklären, doch ich kam nicht dazu. Der Mann hatte meine Not sofort erkannt und führte mich ohne Umwege zum nächsten Steckdosen-Hotspot mitten im Café. Zögerlich legte ich mein Gepäck dort ab und türmte es neben mir auf. Das Kabelgewirr, das dabei entstand wirkte nicht gerade als dekoratives Schmuckstück, wie man sich vielleicht vorstellen kann. Ich fragte also nochmal nach, ob das denn wirklich okay sei. Dafür erntete ich den ersten genervten Blick. Nicht, weil ich mich unverschämt breit machte, sondern weil ich schon wieder nachfragte.

Langsam begriff ich: Das hier war ganz simple und herzensgute Gastfreundlichkeit. Nur, dass es mir in diesem Moment wie die netteste Nettigkeit der Welt erschien, weil es mir aus beruflicher Sicht „den Arsch rettete“. Diese Location  ermöglichte mir einen herrlichen Workflow. Und jeder der einmal einen wirklich herrlichen Workflow erlebt hat weiß, welchen Glücksrausch das entfachen kann. Jetzt konnte die Produktion anlaufen: Auf einem Bistro-Tisch der Notebook, daneben die Kamera samt Ladegerät, auf dem dritten Tisch mein Cappuccino, der in der Zwischenzeit angekommen war. Ja, ich belegte drei Tische für etwa 6 Stunden und trank dabei zwei Cappuccino – nicht gerade lukrativ für das Café. Das ließ mich hier aber niemand spüren.

Ich pendelte also zwei Tage lang zwischen Justizgebäude und Café Venezia, brachte jede Menge Hektik in den Laden, versperrte den Gang für die Kellner mit meinem Gepäck und konsumierte im Grunde nichts. Im Gegenzug begegneten mir die italienischen Kellner mit einem Lächeln, jedesmal wenn ich mit rotem Kopf und neuem Videomaterial auf der Kamera an meinen improvisierten Schnittplatz sprintete. Im Gegenzug behielten sie meine Sachen im Blick, während ich draußen auf O-Ton-Jagd ging. Im Gegenzug stellten sie mir Strom und WLAN zur Verfügung – mit einer Selbstverständlichkeit und einer Freundlichkeit, die ich selten erlebt habe.

Aus beruflicher Sicht konnte sich das Ergebnis der beiden Tage sehen lassen: 16 produzierte Videos und eine glückliche Redaktionsleitung. Viel wichtiger jedoch: Obwohl diese beiden Tage ein extrem hohes Stress-Potential hatten, ging ich abends tiefenentspannt und zufrieden nach Hause. Und mir war dabei jederzeit bewusst, dass die tollen Menschen im Café Venezia großen Anteil daran hatten.

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